In vielen Bildungseinrichtungen im Gesundheitswesen gehören kurzfristige Krankmeldungen mittlerweile zum Alltag. Die Konsequenz: entfallende Praxisanleitung und spontane Umplanungen sind Tagesgeschäft. Die Zahl der krankheitsbedingten Ausfälle in der Pflegeausbildung hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen – mit spürbaren Folgen für alle Beteiligten. Was aber sind die Ursachen dieser Entwicklung? Und wie kann man diesen begegnen?

Warum steigen die Fehlzeiten in der Pflegeausbildung gerade jetzt?

Fehlzeiten sind längst kein rein medizinisches Thema mehr, sondern spiegeln Veränderungen in der Arbeitswelt wider. Der Fehlzeiten-Report 2024 von Prof. Dr. Jutta Rump (Institut für Beschäftigung und Employability IBE) zeigt eindrücklich, dass hinter der steigenden Krankenquote oft strukturelle Ursachen stehen: wachsende psychische Belastung, zunehmende Verdichtung der Arbeitsprozesse und ein kultureller Wandel im Umgang mit Krankheit und Gesundheit.

Gerade in der Pflegeausbildung treffen diese Entwicklungen aufeinander. Viele Pflegeschulen arbeiten an ihrer Kapazitätsgrenze: Lehrende und Praxisanleitende betreuen oft mehrere Kurse parallel, Auszubildende erleben einen emotional wie organisatorisch fordernden Einstieg in den Beruf, und die Einsätze im Schichtdienst stellen die Azubis vor zusätzliche Herausforderungen.

Hinzu kommt ein verändertes Krankheitsverhalten: Während früher häufig trotz Krankheit gearbeitet wurde („Präsentismus“), zeigt sich heute zunehmend eine Offenheit im Umgang mit gesundheitlichen Belastungen, häufig auch psychischer Art. Es wird offener mit Krankheitsfällen umgegangen und diese führen schneller zu Arbeitsausfällen. Grundsätzlich eine positive Entwicklung, die im Alltag jedoch neue Anforderungen an Flexibilität, Vertretung und Kommunikation stellt. In der Pflegeausbildung kann das zu hohen Fehlzeiten, mangelndem Wissen und ausgefallenen Einsätzen führen.

Auswirkungen hoher Fehlzeiten auf Bildungseinrichtungen und Auszubildende

Hohe Fehlzeiten führen in der Pflegeausbildung nicht nur zu Umplanungsstress bei den Verantwortlichen, sie hinterlassen auch deutliche Wissenslücken bei den Auszubildenden. Besonders kritisch: Wer zu viele Fehlzeiten ansammelt, kann unter Umständen nicht zur Abschlussprüfung zugelassen werden.

Aber welche Maßnahmen helfen denn nun, um diesem Trend entgegenzuwirken? Ein zuverlässiges Rezept gibt es dafür bislang leider nicht. Dennoch bieten sich vier Maßnahmen an, um den hohen Fehlzeiten entgegenzuwirken.

4 Ansätze, um Fehlzeiten in der Pflegeausbildung zu reduzieren

1. Frühwarnsysteme für wiederkehrende Ausfälle etablieren

Wer Fehlzeiten reduzieren möchte, muss zunächst verstehen, wann und warum sie auftreten. Gerade bei wiederkehrenden Ausfällen – etwa an bestimmten Wochentagen, in Stressphasen vor Prüfungen oder bei bestimmten Einsätzen – lohnt sich ein Blick in die Daten. Digitale Lösungen zur Abwesenheitsdokumentation helfen dabei, Muster zu erkennen und frühzeitig zu reagieren.

Pflegeschulen, die regelmäßig interne Auswertungen vornehmen, können gezielt das Gespräch mit betroffenen Auszubildenden suchen, bevor kritische Fehlzeitenstände erreicht sind. Gleichzeitig ergeben sich aus dem Austausch gegebenenfalls weitere Maßnahmen, mit denen sich die Krankheitsbelastung reduzieren lässt.

Screenshot der Ausbildungsmanagement Software von easySoft, auf der eine Fehlzeiten-Ampel zu sehen ist.
Mit einer Software für das Ausbildungsmanagement wie der von easySoft lassen sich kritische Fehlzeitenstände früh erkennen.

2. Fokus auf psychosoziale Gesundheit im Schulalltag

Psychische Belastungen zählen laut dem Fehlzeiten-Report 2024 zu den häufigsten Ursachen für krankheitsbedingte Ausfälle – auch bei Auszubildenden. Bildungseinrichtungen, die präventiv ansetzen wollen, sollten daher den Schulalltag als gesundheitsförderliches Umfeld gestalten. Dazu gehören Ruhephasen, psychologische Ansprechpersonen und offene Gespräche über Belastungen.

Schon kleine Maßnahmen wie Feedbackrunden, Pausenstrukturen oder eine ansprechende Raumgestaltung können einen Unterschied machen. Manchmal bewirkt auch schon ein offenes Ohr der Lehrkraft gegenüber den Azubis Wunder – und stärkt gleichzeitig das gegenseitige Verständnis.

3. Positive Lernkultur gestalten und zuhören

Fehlzeiten entstehen nicht nur durch äußere Umstände. Auch das Miteinander im Team und der Schule kann entscheidend dazu beitragen, ob sich Auszubildende wohl, unterstützt und ernst genommen fühlen. Eine stabile Teamkultur, geprägt von Wertschätzung, gegenseitigem Respekt und klarer Kommunikation, wirkt präventiv gegen Überlastung und Rückzug.

Insbesondere Lehrkräfte und Praxisanleitende, aber auch weitere Arbeitskollegen, nehmen hier eine Schlüsselrolle ein: Ihr Verhalten prägt die Atmosphäre und den Umgang mit Belastungen maßgeblich. Wer zuhört, Orientierung gibt und konsequent in der Kommunikation ist, schafft ein Umfeld, in dem sich Azubis frühzeitig bei Problemen anvertrauen.

4. Transparente Fehlzeitenkommunikation etablieren

Wie offen Bildungseinrichtungen über Fehlzeiten sprechen, hat großen Einfluss auf das Verhalten der Auszubildenden. Wenn Erwartungen klar sind und die Kommunikation auf Vertrauen statt Kontrolle basiert, fällt es Azubis leichter, Verantwortung für ihr eigenes Verhalten zu übernehmen. Ein eindrücklicher Beweis hierfür ist das Vinzenzkrankenhaus Hannover. Die Schulleitung entschied sich dazu, die Fehlzeiten der Auszubildenden jederzeit für diese einsehbar zu gestalten. Das Ergebnis: Die Fehlzeiten sinken.

Eine transparente, frühzeitige Kommunikation über Krankmeldungen, Anwesenheitspflichten und mögliche Konsequenzen trägt dementsprechend dazu bei, Fehlzeiten zu vermeiden. Nicht durch Druck, sondern durch gegenseitiges Verständnis.

Fazit: Fehlzeiten gezielt begegnen

Fehlzeiten in der Pflegeausbildung sind ein komplexes, aber kein unlösbares Problem. Wer Planungsstrukturen, Lernkultur und Kommunikation gezielt weiterentwickelt, kann zur Entlastung beitragen. Gleichzeitig verbessern sich die Ausbildungserfahrungen der Azubis. Entscheidend ist dabei: Prävention beginnt nicht erst beim Ausfall, sondern im täglichen Miteinander.

Sagen Sie Ihre Meinung

What do you think of this post?
  • Freudig (0)
  • Erstaunt (0)
  • Ärgerlich (0)
  • Amüsiert (0)

Kommentar verfassen

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Matthias Jörke

Über den Autor

Matthias Jörke

Matthias Jörke startete seine berufliche Laufbahn als examinierter Altenpfleger und gab sein Fachwissen später als Pflegeschulleiter weiter. Heute berät er für easySoft Pflegeeinrichtungen rund um das Thema Ausbildungsmanagement.

Wer wir sind

1994 entstand easySoft aus der Idee, endlose Papierlisten für die Fortbildungs­planung von Pflegekräften zu digitalisieren. Bis heute kommen viele unserer Mitarbeiter aus dem Gesundheits­wesen und bringen ihre Perspektive bei unseren Lösungen für das Bildungs­management und die Personal­entwicklung ein.

Unsere Themenwelten

Das könnte Sie interessieren:

Eine Auszubildende spricht in einer Pflegeschule mit einer Lehrkraft
⏱ 7 Minuten

Führung Generation Z: Mit klarem Feedback Auszubildende motivieren

Laut der DIHK-Ausbildungsumfrage konnten 41 % der Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen ihre angebotenen Ausbildungsplätze nicht vollständig besetzen. Je weniger Nachwuchs zur Verfügung steht, desto wichtiger wird (…)

Eine Auszubildende Pflegefachassistenzkraft sitzt in einem Klassenraum und lernt mit einem Laptop und einem Buch.
⏱ 4 Minuten

Was bedeutet die Generalisierung der Pflegefachassistenzausbildung?

In den letzten Jahren ist der Pflegebereich aufgrund des demografischen Wandels und des steigenden Bedarfs an qualifizierten Pflegekräften immer mehr unter Druck geraten. Um den (…)

Beliebte Artikel

Pflegekraft stützt ältere Person mit Rollator
⏱ 3 Minuten

Personalbemessung Pflege 2023: Was genau kommt auf Pflegeheime zu?

Zum 1. Juli 2023 tritt sie in Kraft: die neue Vorgabe zur Personalbemessung in der Pflege – kurz PeBeM. Jede vollstationäre Pflegeeinrichtung muss dann den (…)

⏱ 4 Minuten

Generalistische Examensprüfung in der Pflege: Darauf müssen Pflegeschulen achten

Die ersten Abschlussprüfungen der generalistischen Pflegeausbildung stehen bald an. Doch nicht nur für die Auszubildenden wird es ernst, auch die Prüfer und Praxisanleiter müssen sich (…)

Gruppenbild von sechs Pflegefachkräften
⏱ 4 Minuten

Personalbemessung Pflege: Vollzeitäquivalent & Personalschlüssel berechnen (Excel-Rechner)

Spätestens mit dem Inkrafttreten der neuen Personalbemessung in der stationären Langzeitpflege werden sie für viele Pflegeheime wichtig: Die Vollzeitäquivalente. Dieser Wert gibt die tatsächliche Arbeitskapazität (…)

⏱ 3 Minuten

Fehlzeiten in der Pflegeausbildung: Zahlt sich volle Transparenz aus?

Wohl jeder Pflegepädagoge und Praxisanleiter musste sich bereits mit diesem Thema beschäftigen: den Fehlzeiten seiner Auszubildenden. Entweder erreichen diese ein besorgniserregendes Level oder die Pflegenachwuchskräfte (…)

⏱ 4 Minuten

Pflegestudie 2022: Mit Babyboomern wartet Mammutaufgabe

Dass die zunehmende Alterung der deutschen Bevölkerung besonders für die Pflege eine immense Herausforderung darstellt, ist bekannt. Einen genauen Blick auf das Problem hat jüngst (…)

Beiträge finden

Stichwörter

Ausbildung in der Pflege Bewerbungsprozess Digitalisierung Employer Branding Fachkräftemangel Fort-/Weiterbildung Führung Gesetzliche Vorgaben Gesundheitswesen lebenslanges Lernen Mitarbeitergespräche Onboarding Pflegeberufegesetz Pflegeheime Stellenanzeigen Wissensmanagement