Fehlzeiten reduzieren in der Pflegeausbildung: 4 konkrete Maßnahmen aus der Praxis
16. Juli 2025 // gepostet in Ausbildung
In vielen Bildungseinrichtungen im Gesundheitswesen gehören kurzfristige Krankmeldungen mittlerweile zum Alltag. Die Konsequenz: entfallende Praxisanleitung und spontane Umplanungen sind Tagesgeschäft. Die Zahl der krankheitsbedingten Ausfälle in der Pflegeausbildung hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen – mit spürbaren Folgen für alle Beteiligten. Was aber sind die Ursachen dieser Entwicklung? Und wie kann man diesen begegnen?
Warum steigen die Fehlzeiten in der Pflegeausbildung gerade jetzt?
Fehlzeiten sind längst kein rein medizinisches Thema mehr, sondern spiegeln Veränderungen in der Arbeitswelt wider. Der Fehlzeiten-Report 2024 von Prof. Dr. Jutta Rump (Institut für Beschäftigung und Employability IBE) zeigt eindrücklich, dass hinter der steigenden Krankenquote oft strukturelle Ursachen stehen: wachsende psychische Belastung, zunehmende Verdichtung der Arbeitsprozesse und ein kultureller Wandel im Umgang mit Krankheit und Gesundheit.
Gerade in der Pflegeausbildung treffen diese Entwicklungen aufeinander. Viele Pflegeschulen arbeiten an ihrer Kapazitätsgrenze: Lehrende und Praxisanleitende betreuen oft mehrere Kurse parallel, Auszubildende erleben einen emotional wie organisatorisch fordernden Einstieg in den Beruf, und die Einsätze im Schichtdienst stellen die Azubis vor zusätzliche Herausforderungen.
Hinzu kommt ein verändertes Krankheitsverhalten: Während früher häufig trotz Krankheit gearbeitet wurde („Präsentismus“), zeigt sich heute zunehmend eine Offenheit im Umgang mit gesundheitlichen Belastungen, häufig auch psychischer Art. Es wird offener mit Krankheitsfällen umgegangen und diese führen schneller zu Arbeitsausfällen. Grundsätzlich eine positive Entwicklung, die im Alltag jedoch neue Anforderungen an Flexibilität, Vertretung und Kommunikation stellt. In der Pflegeausbildung kann das zu hohen Fehlzeiten, mangelndem Wissen und ausgefallenen Einsätzen führen.
Auswirkungen hoher Fehlzeiten auf Bildungseinrichtungen und Auszubildende
Hohe Fehlzeiten führen in der Pflegeausbildung nicht nur zu Umplanungsstress bei den Verantwortlichen, sie hinterlassen auch deutliche Wissenslücken bei den Auszubildenden. Besonders kritisch: Wer zu viele Fehlzeiten ansammelt, kann unter Umständen nicht zur Abschlussprüfung zugelassen werden.
Aber welche Maßnahmen helfen denn nun, um diesem Trend entgegenzuwirken? Ein zuverlässiges Rezept gibt es dafür bislang leider nicht. Dennoch bieten sich vier Maßnahmen an, um den hohen Fehlzeiten entgegenzuwirken.
4 Ansätze, um Fehlzeiten in der Pflegeausbildung zu reduzieren
1. Frühwarnsysteme für wiederkehrende Ausfälle etablieren
Wer Fehlzeiten reduzieren möchte, muss zunächst verstehen, wann und warum sie auftreten. Gerade bei wiederkehrenden Ausfällen – etwa an bestimmten Wochentagen, in Stressphasen vor Prüfungen oder bei bestimmten Einsätzen – lohnt sich ein Blick in die Daten. Digitale Lösungen zur Abwesenheitsdokumentation helfen dabei, Muster zu erkennen und frühzeitig zu reagieren.
Pflegeschulen, die regelmäßig interne Auswertungen vornehmen, können gezielt das Gespräch mit betroffenen Auszubildenden suchen, bevor kritische Fehlzeitenstände erreicht sind. Gleichzeitig ergeben sich aus dem Austausch gegebenenfalls weitere Maßnahmen, mit denen sich die Krankheitsbelastung reduzieren lässt.

2. Fokus auf psychosoziale Gesundheit im Schulalltag
Psychische Belastungen zählen laut dem Fehlzeiten-Report 2024 zu den häufigsten Ursachen für krankheitsbedingte Ausfälle – auch bei Auszubildenden. Bildungseinrichtungen, die präventiv ansetzen wollen, sollten daher den Schulalltag als gesundheitsförderliches Umfeld gestalten. Dazu gehören Ruhephasen, psychologische Ansprechpersonen und offene Gespräche über Belastungen.
Schon kleine Maßnahmen wie Feedbackrunden, Pausenstrukturen oder eine ansprechende Raumgestaltung können einen Unterschied machen. Manchmal bewirkt auch schon ein offenes Ohr der Lehrkraft gegenüber den Azubis Wunder – und stärkt gleichzeitig das gegenseitige Verständnis.
3. Positive Lernkultur gestalten und zuhören
Fehlzeiten entstehen nicht nur durch äußere Umstände. Auch das Miteinander im Team und der Schule kann entscheidend dazu beitragen, ob sich Auszubildende wohl, unterstützt und ernst genommen fühlen. Eine stabile Teamkultur, geprägt von Wertschätzung, gegenseitigem Respekt und klarer Kommunikation, wirkt präventiv gegen Überlastung und Rückzug.
Insbesondere Lehrkräfte und Praxisanleitende, aber auch weitere Arbeitskollegen, nehmen hier eine Schlüsselrolle ein: Ihr Verhalten prägt die Atmosphäre und den Umgang mit Belastungen maßgeblich. Wer zuhört, Orientierung gibt und konsequent in der Kommunikation ist, schafft ein Umfeld, in dem sich Azubis frühzeitig bei Problemen anvertrauen.
4. Transparente Fehlzeitenkommunikation etablieren
Wie offen Bildungseinrichtungen über Fehlzeiten sprechen, hat großen Einfluss auf das Verhalten der Auszubildenden. Wenn Erwartungen klar sind und die Kommunikation auf Vertrauen statt Kontrolle basiert, fällt es Azubis leichter, Verantwortung für ihr eigenes Verhalten zu übernehmen. Ein eindrücklicher Beweis hierfür ist das Vinzenzkrankenhaus Hannover. Die Schulleitung entschied sich dazu, die Fehlzeiten der Auszubildenden jederzeit für diese einsehbar zu gestalten. Das Ergebnis: Die Fehlzeiten sinken.
Eine transparente, frühzeitige Kommunikation über Krankmeldungen, Anwesenheitspflichten und mögliche Konsequenzen trägt dementsprechend dazu bei, Fehlzeiten zu vermeiden. Nicht durch Druck, sondern durch gegenseitiges Verständnis.
Fazit: Fehlzeiten gezielt begegnen
Fehlzeiten in der Pflegeausbildung sind ein komplexes, aber kein unlösbares Problem. Wer Planungsstrukturen, Lernkultur und Kommunikation gezielt weiterentwickelt, kann zur Entlastung beitragen. Gleichzeitig verbessern sich die Ausbildungserfahrungen der Azubis. Entscheidend ist dabei: Prävention beginnt nicht erst beim Ausfall, sondern im täglichen Miteinander.
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