Laut der DIHK-Ausbildungsumfrage konnten 41 % der Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen ihre angebotenen Ausbildungsplätze nicht vollständig besetzen. Je weniger Nachwuchs zur Verfügung steht, desto wichtiger wird es, die vorhandenen Auszubildenden sowohl fachlich zu fördern als auch emotional zu binden; jeder Abbruch verschärft sonst den bereits spürbaren Fachkräfte­mangel.

Eine zentrale Rolle spielt dabei eine konsequent gelebte Feedback-Kultur. In einer Befragung der Wirtschaftsjunioren Deutschland (WJD) von 1.012 Vertretern der Generation Z nannten 52 % Wertschätzung beziehungsweise Lob und 29 % Mentoring und die Förderung der persönlichen Weiterentwicklung als wichtigste Eigenschaften von Vorgesetzten. In beiden Bereichen ist Feedback ein wichtiger Hebel. Gut gemacht, kann es Wertschätzung transportieren und den Auszubildenden konkrete Entwicklungspotenziale aufzeigen.

Wie gibt man Auszubildenden gutes Feedback?

Gutes Feedback muss vier Anforderungen erfüllen: Es soll konkret, zeitnah, dialogisch und entwicklungsorientiert sein.

  • Konkret: Allgemeine Floskeln wie „Gut gemacht“ greifen zu kurz. Nur wenn konkret benannt wird, was gut oder schlecht lief, erkennen Lernende, welches Verhalten sie beibehalten oder ändern sollen.
  • Zeitnah: Je näher Feedback an der Situation liegt, desto präsenter ist die Erinnerung an die konkrete Situation, sodass Rückmeldungen leichter angenommen und umgesetzt werden können.
  • Dialogisch: Geben Sie Ihren Lernenden die Möglichkeit, Fragen zu stellen und ihre Meinung zu äußern. Denn Feedback funktioniert in beide Richtungen. So gaben 43 % der Befragten der WJD-Studie an, dass sie Offenheit und Bereitschaft für Veränderungen sehr wichtig finden.
  • Entwicklungsorientiert: Sehen und kommunizieren Sie Fehler als Lernchancen und nicht als Makel. Weisen Sie darauf hin, wie Dinge verbessert werden können, ohne entmutigend zu wirken. Dieser Ansatz greift den Wunsch der Gen Z nach Weiterentwicklung direkt auf und steigert langfristig die Motivation.
Balkendiagram zu den Anforderungen an Führungskräfte der Generation Z

SBI-Modell für gutes Feedback nutzen

Eine bewährte Kurzformel für diese vier Prinzipien ist das SBI-Modell. Es besteht aus den drei Elementen Situation, Behavior (dt. Verhalten) und Impact (dt. Auswirkung). Ein kurzes Feedback nach einer Praxisanleitung mit dem SBI-Modell kann etwa so klingen:

  • Situation: „Während der Wundversorgung heute Morgen …“
  • Behaviour: „… hast du das sterile Feld sauber gehalten, aber die Pinzette kurz außerhalb der sterilen Zone abgelegt.“
  • Impact: „Dadurch musste der Verband neu vorbereitet werden. Beim nächsten Mal bleibt alles innerhalb des Sterilbereichs, damit wir Zeit sparen und das Infektions­risiko reduzieren.“

Auf diese Weise erhalten Auszubildende sofort einprägsame Hinweise, erleben Wertschätzung für korrektes Verhalten und verstehen zugleich, wo sie sich weiter verbessern können. Das Modell funktioniert natürlich auch in Fällen, in denen sich der Auszubildende korrekt oder sogar besonders vorbildlich verhalten hat.

Fünf praxisnahe Feedback-Formate für Pflegeschulen

Aber wo lässt sich das Feedback im Ausbildungsalltag gut einbauen? Die folgenden fünf Formate erfüllen die Kern­bedürfnisse der Gen Z nach klarem, schnellem und dialogischem Feedback und lassen sich ohne großen Aufwand einführen:

  1. Mini-Feedbacks direkt nach praktischen Übungen
    Nach jeder praktischen Übung nimmt sich die Praxisanleiterin oder die Lehrkraft zwei bis drei Minuten Zeit für ein kompaktes SBI-Feedback. Die Situation ist noch frisch, die Lernkurve maximal.
  2. Buddy-Reviews der Pflegeschüler
    Feedback muss nicht immer von Lehrkraft zu Schüler sein. Auszubildende bilden Zweierteams, beobachten sich wechselseitig in Skills-Lab-Übungen oder anderen praktischen Einheiten und geben ein kurzes, strukturiertes Peer-Feedback. Das stärkt Reflexionsfähigkeit und fördert eine offene Lernkultur.
  3. Stop-Start-Continue-Runden am Freitagnachmittag
    In Theoriephasen treffen sich Kurs und Lehrkraft wöchentlich für 15 Minuten: Was soll gestoppt, gestartet oder fortgesetzt werden? Der klare Dreisatz liefert sofort umsetzbare Impulse und lässt zugleich Wertschätzung einfließen, da er den Auszubildenden ebenfalls Raum für Feedback an die Lehrkräfte gibt.
  4. Reflexionsprotokoll im digitalen Berichtsheft
    Nach jedem Praxiseinsatz notieren Azubis ihre wichtigsten Lernerfahrungen im (digitalen) Berichtsheft. Der verantwortliche Praxisanleiter kommentiert diese zeitnah: Lob für Gelungenes, konkrete Hinweise für den nächsten Einsatz – alles nachvollziehbar an einem Ort.

    Hat die Lehrkraft der Pflegeschule Einblick in das Berichtsheft, bekommt sie auf diese Weise Einblick in die praktische Problemlösekompetenz und Lernentwicklung des Auszubildenden. Auf diese Weise kann der Unterricht gezielt Fragestellungen aus der Praxis aufgreifen und passende Antworten liefern.
  5. Regelmäßige Lernentwicklungsgespräche
    Es lohnt sich, regelmäßig Zeit für ausführliches Feedback einzuplanen. Im 1-1-Gespräch zwischen Lehrkraft und Auszubildendem werden Stärken, Entwicklungsfelder und nächste Lernschritte besprochen. Grundlage dafür sollten die Protokolle der letzten Gespräche sein, in denen konkrete Lernziele dokumentiert wurden.

    Zu Beginn des Lernentwicklungsgesprächs sollte eine Einschätzung von Azubis und Lehrkraft in der Kompetenzentwicklung erfolgen: Wo sind Stärken, wo gibt es Potenzial und wie sollten die Lernziele angepasst werden? Danach geht es ans aktuelle Feedback. Geben Sie unbedingt auch ernstgemeintes Lob weiter und kritisieren Sie nicht nur. Gleichzeitig sollten Sie aber auch nichts konstruieren und es „aushalten“, wenn es einmal nichts Neues gibt.

    Ein Tipp: Notieren Sie sich als Lehrkraft das ganze Jahr über, was Ihnen an Ihrem Auszubildenden auffällt. Auf diese Weise haben Sie im Gespräch konkrete Situationen (z. B. „Ihr Beitrag zu XY im Unterricht war fachlich fundiert“) im Kopf und können greifbares Feedback geben.

Häufige Fragen rund um Feedback in der Pflegeausbildung

Wie oft sollte ich Auszubildenden Feedback geben?

Idealerweise erhalten Lernende innerhalb von 24 Stunden nach einer Praxissituation eine kurze Rück­meldung; zu Beginn und Ende eines Theorieblocks sollte ein kurzes Blitzlicht-Feedback mit jedem Azubi stattfinden. Die Nähe zum Geschehen stellt sicher, dass Eindrücke präsent bleiben und konkrete Verbesserungen sofort nachvollzogen werden können.
Darüber hinaus ist anlassbezogenes Feedback angemessen, wenn ein Azubi besonders positiv aufgefallen oder eine Veränderung dringend nötig ist.

Welche Feedback-Modelle eignen sich besonders gut?

Bewährt haben sich das SBI-Modell (Situation – Behaviour – Impact), das in drei Sätzen Lob und Entwicklungs­hinweis verknüpft, sowie das Kurzformat Stop-Start-Continue, bei dem Lernende und Lehrende gemeinsam festlegen, welches Verhalten gestoppt, gestartet oder beibehalten werden soll.

Wie vermeide ich demotivierendes Feedback?

Fokussieren Sie sich konsequent auf beobachtbares Verhalten, nicht auf die Person. Kombinieren Sie eine konkrete Anerkennung („Was lief gut?“) mit einem ebenso konkreten Entwicklungs­schritt („Was genau kann verbessert werden?“). So bleibt die Rückmeldung wertschätzend und gleichzeitig handlungs­leitend – ein Ansatz, den 52 % der Gen Z ausdrücklich erwarten.

Gutes Feedback: Eine Investition in die Zukunft

Eine lebendige Feedback-Kultur vereint das, was die Generation Z sich am meisten wünscht: spürbare Wertschätzung und echte Entwicklungschancen. Wer Rückmeldungen konkret, zeitnah und im Dialog gibt, reduziert nicht nur Abbrüche in der Ausbildung, sondern steigert auch die Lernmotivation – ein doppelter Gewinn angesichts der weiterhin knapp besetzten Ausbildungsplätze im Gesundheits- und Pflegebereich. Indem Pflegeschulen Feedback als festen Bestandteil ihres pädagogischen Alltags etablieren, investieren sie letztlich in die Qualität der Versorgung von morgen: Gut ausgebildete, engagierte Pflegefachkräfte, die bleiben.

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Ruth Tewes

Über den Autor

Ruth Tewes

Ruth Tewes war Akademie- und Fachbereichsleiterin für die Pflegeausbildung, im Prüfungsvorsitz der Generalistik aktiv und stlv. Vorsitzende der AG Pflegeschulen des Bezirks Region Hannover. Heute gibt sie ihre Praxis- und Pädagogikexpertise für easySoft weiter.

Wer wir sind

1994 entstand easySoft aus der Idee, endlose Papierlisten für die Fortbildungs­planung von Pflegekräften zu digitalisieren. Bis heute kommen viele unserer Mitarbeiter aus dem Gesundheits­wesen und bringen ihre Perspektive bei unseren Lösungen für das Bildungs­management und die Personal­entwicklung ein.

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