Fachkräftemangel und Akademisierungswahn sind in aller Munde. Viele Unternehmen bereiten sich bereits auf schwierige Zeiten vor. Zwar beenden jedes Jahr tausende Abiturienten ihre Schullaufbahn, doch die Meisten davon planen ein Studium – spätestens nach einer abgeschlossenen Ausbildung. Der Rest ist oftmals zu schlecht ausgebildet für die anspruchsvollen Tätigkeiten der modernen Produktion.
Viele größere Unternehmen bereiten sich bereits auf einen massiven Auszubildendenmangel vor, indem sie spezielle Trainingsprogramme für „Minderbegabte“ entwickeln und einsetzen. Es wird davon ausgegangen, dass sich immer weniger Menschen, vor allem mit höherem Bildungsabschluss, für eine Ausbildung entscheiden. Doch wie konnte es dazu kommen? Einige Thesen dazu und wie Sie damit umgehen können:

Studierte sind mehr wert
So denken zumindest viele Abiturienten. „Ich habe mich ja nicht durch 12 Jahre Schule gequält, um jetzt Arbeiter zu werden.“, spiegelt die Einstellung vieler Schüler wieder. Doch diese Einstellung stammt aus früheren Zeiten, in denen gesellschaftlicher Aufstieg noch nur mit einem ‚weißen Kragen‘ möglich war und ist überholt. Leider ist dieser Gedanke in den meisten Köpfen der Abiturienten und ihren Eltern trotzdem noch fest verwurzelt und Unternehmen stützen diese These auch noch.

Aufstiegsprogramme, Sonderbehandlungen oder Perspektiven sind oft Akademikern vorbehalten.
Klassische Kopfarbeiten werden immer weiter digitalisiert, was hochqualifizierte Facharbeiter angeht, sehen Firmen allerdings inzwischen einem immer größer werdenden Mangel. Stumpfe, wenig anspruchsvolle Arbeiten werden inzwischen von Maschinen erledigt, zumindest zum größten Teil. In der heutigen Zeit werden in der Produktion vor allem an den Stellen benötigt, wo Problemstellungen durch Erfahrung, Kreativität, Intelligenz und sensible Wahrnehmung angegangen werden. Viele Abiturienten wären von ihren persönlichen Voraussetzungen her eigentlich wie geschaffen für solche Stellen. Trotzdem entscheiden sich die Meisten gegen eine Ausbildung. Dies hängt auch mit dem damit verbundenen schlechten Ansehen und den Aufstiegsbegrenzungen zusammen. Viele höhere Stellen werden heutzutage beispielsweise für Absolventen ausgeschrieben, obwohl sie genauso gut von einem Facharbeiter aus dem eigenen Unternehmen ausgefüllt werden könnten. Vielleicht sogar besser, da er Abläufe, Produkte und Unternehmen bereits kennt. Hier müssen Sie ansetzen und überlegen, ob Sie sich damit selbst einen Gefallen tun, Ihre ausgebildeten Facharbeiter im Karriereweg zu limitieren.

Zu wenig Wertschätzung für Produktionsmitarbeiter
Oft werden bei Weiterbildungen und Fortbildungen die Arbeiter in der Produktion vernachlässigt. Doch gerade diese Mitarbeiter sind es doch, die Ihr Produkt herausragend und von einzigartiger Qualität sein lassen. Wer weiß, was seine Mitarbeiter bewegt, sie fördert und ihnen Wertschätzung entgegenbringt, erhält dies in vollem Maße zurück, weil diese motiviert sind und dadurch herausragende Arbeit leisten.

Der Wechsel zum Arbeitnehmermarkt: Die Chance für intelligente Unternehmen
Kandidaten haben heutzutage andere Ansprüche an Unternehmen und ihre zukünftigen Jobs. Sie wollen, dass ihre Arbeit in ihr Lebenskonzept passt und nicht umgekehrt. Wenn Unternehmen anfangen, sich darauf einzustellen und flexible Möglichkeiten bieten, wie beispielsweise die Wahl zwischen einem berufsbegleitenden Studium, einem dualen Studium oder einer Trainee-Stelle können Kandidaten sich das Konzept aussuchen, das in ihre Lebensplanung passt. So schaffen Sie maßgeschneiderte Lösungen für verschiedenen Persönlichkeiten und können vielversprechende Mitarbeiter an sich binden.

Personalarbeit mit Kreativität
Wer auf Talententwicklung und –bindung setzt, muss genau wissen, was Arbeitnehmer im Moment beschäftigt und was sie sich wünschen. Denn nur so können Sie auf deren Bedürfnisse eingehen. Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler, heißt es in einem Sprichwort. Wenn ein Mitarbeiter zum Beispiel viel Wert darauf legt, sich beruflich und persönlich weiterzuentwickeln, wird ihn ein Dienstwagen wohl kaum begeistern, die Möglichkeiten an Fort- und Weiterbildungen teilzunehmen jedoch schon.
Dabei müssen Sie aber beachten, dass sich Bedürfnisse oft mit dem Alter ändern. Wer als junger Mensch noch von vielen Auslandsmöglichkeiten geträumt hat, wird vielleicht später, nach einer Familiengründung, eher Stabilität an einem Standort und Zeit für die Familie bevorzugen. Bleiben Sie mit Ihren Mitarbeitern in Verbindung und versuchen Sie stets herauszufinden, wenn sich etwas ändert.

Talentpool und Talentbörsen
Während sich früher Unternehmen in Stellenbörsen präsentiert haben, geht der Trend heute eher andersherum. Arbeitnehmer präsentieren sich auf Xing, LinkedIn oder anderen Netzwerken und werden von Recruitern angesprochen. Nutzen Sie diese Idee auch für sich und bauen Sie eine interne Stellenbörse auf, in die motivierte Arbeitskräfte Ihre Profile eintragen. So haben Sie diese auf dem Radar, wenn die nächste Stelle zu besetzen ist. Eine andere Möglichkeit ist eine Lösung zur Personalentwicklung und das Talentmanagement. Hier können Sie und Mitarbeiter gemeinsam die Mitarbeiterprofile pflegen, Kompetenzen hinterlegen und bei offenen Stellen ein Matching durchführen. Dann sehen Sie mit einem Klick, ob Sie eine Stelle mit passenden internen Kandidaten besetzen können.

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Andreas Nau

Über den Autor

Andreas Nau

Andreas Nau ist einer der beiden Geschäftsführer und Mitbegründer der easySoft. GmbH. Als Vortragsredner inspiriert er Bildungsverantwortliche und berichtet in seinem Buch „WERTvoll in die Zukunft“ von seinen Erfahrungen als Unternehmer. Er ist fest davon überzeugt: Bildung ist der Schlüssel, der die Zukunft aufschließt.

Wer wir sind

1994 entstand easySoft aus der Idee, endlose Papierlisten für die Fortbildungs­planung von Pflegekräften zu digitalisieren. Bis heute kommen viele unserer Mitarbeiter aus dem Gesundheits­wesen und bringen ihre Perspektive bei unseren Lösungen für das Bildungs­management und die Personal­entwicklung ein.

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